IO-Link Wireless: Kabellose Intelligenz für die letzte Meile der Automatisierung
IO-Link Wireless ist die zukunftsweisende Technologie, die flexible und zuverlässige kabellose Kommunikation in der Industrieautomation ermöglicht und damit die letzte Meile der Automatisierung revolutioniert.
- Veröffentlicht: 06. August 2025
- Von: Anja Van Bocxlaer
- Lesezeit: 5 Min.
- IO-Link Wireless ergänzt den kabelgebundenen IO-Link-Standard um eine drahtlose Kommunikationsschicht.
- Die Technik nutzt das weltweit verfügbare 2,4-GHz-Band für niedrige Latenz und hohe Datenrate.
- Einsatzbereiche sind rotierende Systeme, mobile Robotik, flexible Maschinenmodule und Retrofit-Projekte.
- Marktführer wie Balluff, Turck und Pepperl+Fuchs bieten bereits praxisgerechte Lösungen an.
- Herausforderungen sind derzeit Kosten, Skepsis gegenüber Funk und fehlende Wireless-native Sensoren.

Die kabellose Fabrik ist keine Zukunftsvision mehr – sie entsteht in Echtzeit. Mit IO-Link Wireless wurde ein entscheidender Schritt getan: Die weltweit etablierte Punkt-zu-Punkt-Kommunikation zwischen Sensoren und Aktoren funktioniert nun auch kabellos – flexibler, effizienter und einfacher nachrüstbar.
Was ist IO-Link?
IO-Link ist ein standardisiertes Kommunikationssystem gemäß IEC 61131-9, das die bidirektionale Übertragung von Prozess-, Diagnose- und Parameterdaten zwischen Steuerungen und Feldgeräten ermöglicht. Die Verbindung erfolgt über eine einfache ungeschirmte Drei-Draht-Leitung – ohne spezielle Kabel oder Steckverbinder.
Im Gegensatz zu Feldbussen ist IO-Link kein Bussystem, sondern eine reine Punkt-zu-Punkt-Kommunikation. Der größte Vorteil: Herstellerunabhängige Interoperabilität. Geräte verschiedener Anbieter lassen sich problemlos integrieren, zentral parametrieren und intelligent überwachen.
Was ist IO-Link Wireless?
IO-Link Wireless erweitert den klassischen IO-Link-Standard um eine drahtlose Übertragungsebene. Die Spezifikation wurde 2018 von der IO-Link Community veröffentlicht. Ziel ist es, physische Kabel zu ersetzen – vor allem in Bereichen mit schwierigen Montagesituationen, beweglichen Teilen oder hohen Nachrüstkosten.
IO-Link Wireless besteht aus drei Komponenten:
Wireless Master: Verbindet sich über Funk mit mehreren Wireless Devices und leitet Daten an das übergeordnete Steuerungssystem.
Wireless Devices: Sensoren oder Aktoren mit integrierter Funktechnologie.
Wireless Bridges: Adapter, die bestehende IO-Link-Geräte kabellos in das System integrieren.
Die Funktionalität bleibt vollständig erhalten: Zyklische und azyklische Funkkommunikation sowie Eventhandling sind wie bei kabelgebundenem IO-Link möglich.
Warum 2,4 GHz – und nicht Sub-GHz?
IO-Link Wireless nutzt bewusst das lizenzfreie 2,4-GHz-ISM-Band, anstatt auf Sub-GHz-Frequenzen wie bei Wi-Fi oder Wi-Fi HaLow zu setzen. Die Entscheidung basiert auf technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Gründen:
Vorteile von 2,4 GHz im Überblick:
✅ Weltweite Verfügbarkeit
Während Sub-GHz-Bänder regional unterschiedlich geregelt sind (z.B. 868 MHz in Europa, 915 MHz in den USA), ist 2,4 GHz global nutzbar. Das erleichtert die Entwicklung international einsetzbarer Produkte.
✅ Kompakte Antennen & günstige Komponenten
2,4-GHz-Antennen benötigen weniger Platz – ideal für kompakte Sensorgehäuse. Zudem sind Chips und Module kostengünstig, da sie in Bluetooth, Zigbee oder Wi-Fi massenhaft eingesetzt werden.
✅ Hohe Datenrate & niedrige Latenz
IO-Link Wireless ermöglicht Zykluszeiten ab 5 ms, was für zeitkritische Applikationen entscheidend ist. Sub-GHz-Standards bieten zwar mehr Reichweite, jedoch geringere Bandbreiten und höhere Latenzen – ungeeignet für schnelle IO-Kommunikation.
✅ Robustes Interferenzmanagement
Durch Verfahren wie Frequenzsprung (AFH), zeitgesteuerte Übertragung und automatisches Kanalmanagement arbeitet IO-Link Wireless selbst in stark frequentierten Industrieumgebungen stabil.
Fazit: Während Sub-GHz für LPWAN- und Monitoring-Anwendungen vorteilhaft ist, überzeugt 2,4 GHz bei kurzen Reaktionszeiten, hohem Datendurchsatz und Echtzeitanforderungen – also dort, wo IO-Link eingesetzt wird.
Technische Eckdaten im Überblick
Eigenschaft | IO-Link Wireless |
---|---|
Frequenzband | 2,4 GHz ISM-Band |
Kommunikationsmodell | Punkt-zu-Punkt, IO-Link-kompatibel |
Reichweite | Bis zu 20 m (typisch: 5–10 m) |
Zykluszeit | Ab 5 ms |
Anzahl Devices/Master | Bis zu 40 |
Paketverlustrate | < 10⁻⁹ |
Topologie | Sternförmig, über Zellen skalierbar |
Anwendungsbereiche: Wo IO-Link Wireless seine Stärken ausspielt
IO-Link Wireless kommt überall dort zum Einsatz, wo Kabel stören, unpraktisch oder teuer sind:
Rotierende Systeme (z. B. Greifarme, Drehteller)
Mobile Robotik (FTS, AMR, fahrerlose Systeme)
Flexible Maschinenmodule mit häufigem Umbau
Retrofit-Projekte, bei denen bestehende IO-Link-Geräte per Bridge integriert werden
Verbreitung und Marktdynamik
Seit der Veröffentlichung der Spezifikation 2018 hat sich IO-Link Wireless von einem theoretischen Konzept zu einer praxisreifen Lösung entwickelt. Zwar steckt die flächendeckende Einführung noch in den Anfängen, doch Pilotprojekte und erste Serienanwendungen zeigen: Die Nachfrage wächst – und mit ihr das Marktpotenzial.
Balluff
Balluff gehört zu den ersten Anbietern mit vollständigem IO-Link Wireless Portfolio:
Wireless Master und Bridges
Ready-to-use-Lösungen für Robotik, FTS und rotierende Systeme
Praxisnahe Dokumentationen und Schulungen
„IO-Link Wireless ist äußerst zuverlässig – robuster als WLAN oder Bluetooth. Selbst in EMV-intensiven Umgebungen arbeitet das System stabil und störungsfrei.“ – Balluff
Turck
Turck setzt auf robuste, hygienetaugliche Lösungen für die Industrie:
Multiprotokollfähige Wireless-Master
Hohe EMV-Festigkeit
Integration in modulare Maschinenkonzepte mit wechselnden IO-Modulen
Turck betont vor allem die Kostensenkung durch reduzierte Verkabelung und die Schnelligkeit bei Inbetriebnahmen.
Pepperl+Fuchs
Pepperl+Fuchs bringt seine Erfahrung aus explosionsgeschützten Bereichen und EMV-kritischen Zonen ein:
Zielgerichtete Entwicklung für rotierende Komponenten und schwer zugängliche Stellen
Fokus auf hohe Anlagenverfügbarkeit und wartungsarme Kommunikation
IO-Link Wireless ergänzt hier das klassische Portfolio um neue Einsatzszenarien.
Weitere Anbieter
Unternehmen wie Siemens, ifm electronic, Festo, SICK oder WAGO bieten bereits erste Komponenten oder entwickeln aktiv Wireless-Module – oft noch im Kontext von Pilotprojekten oder als Ergänzung zur kabelgebundenen Welt.
Herausforderungen für die Verbreitung
Trotz technischer Reife gibt es Hürden:
Kosten: Funkmodule sind aktuell noch teurer als Kabelvarianten – vor allem bei Stückzahlen.
Skepsis gegenüber Funk: In vielen Industriebranchen ist kabellose Kommunikation mit Unsicherheit behaftet – insbesondere in EMV-sensiblen Anwendungen.
Produktverfügbarkeit: Wireless-native IO-Link-Sensoren sind noch rar – Adapterlösungen dominieren.
Know-how: Planung, Netzdesign und Fehleranalyse erfordern Schulungen und neue Werkzeuge.
Positive Signale: Der Markt erwacht
Modulare Produktion und mobile Systeme sind zentrale Treiber
OEMs im DACH-Raum starten erste Serienanwendungen
Engineering-Tools wie TIA Portal und Codesys vereinfachen Integration
IO-Link Community fördert Verbreitung durch Whitepapers, Schulungen und Events
Regionale Entwicklung
Region | Marktdurchdringung |
---|---|
DACH | Führend, viele Pilotprojekte und erste Serienanwendungen |
Asien | Steigende Nachfrage im Bereich Robotik und Elektronikfertigung |
USA/Kanada | Zurückhaltend, Fokus weiterhin auf Ethernet-basierte Systeme |
Südeuropa/Osteuropa | Geringe Verbreitung, aber wachsendes Interesse bei OEMs |
Naher Osten/Lateinamerika | Einzelne Projekte, aber noch kaum sichtbarer Markt |
Ausblick: Wann wird IO-Link Wireless zum Standard?
Experten erwarten den Durchbruch von IO-Link Wireless in den nächsten zwei bis vier Jahren, vor allem in:
Nachrüstprojekten
Mobiler Robotik und Intralogistik
Modularen Maschinenmodellen
Hygienischen oder drehenden Anwendungen
Der Schlüssel: Mehr native Wireless-Sensorik, niedrigere Einstiegskosten und einheitliche Engineering-Prozesse.
Fazit: Jetzt einsteigen und Vorsprung sichern
IO-Link Wireless steht am Beginn einer dynamischen Wachstumsphase. Die Technologie ist bereit – und der Markt beginnt, sie systematisch zu erschließen. Unternehmen, die frühzeitig auf industrietaugliche Funkkommunikation setzen, profitieren von verkürzten Inbetriebnahmen, flexiblerer Produktion und einer neuen Stufe der digitalen Transparenz auf der letzten Meile zur Maschine.