Die Wäschelogistik stellt einen erheblichen Kostenfaktor im Krankenhausbetrieb dar. Am Universitätsklinikum Graz (LKH Univ. Klinikum Graz) werden täglich rd. 11 Tonnen Wäsche angeliefert und müssen zügig wieder in den Umlauf gebracht werden. Bereits 2014 stand für die Entscheider des Uniklinikums Graz fest, dass ein neues Logistikkonzept entwickelt werden muss. Die Dienstbekleidung gehörte von Anfang an auch zu dieser Aufgabenstellung.
Der Artikel gibt Auskunft über die Ziele, die sich das Universitätsklinikum Graz und KAGes-Textilservice gesetzt haben. Gemeinsam starteten sie ein Pilotprojekt, bei dem ein RFID-System in einem Bekleidungsraum im Kinderzentrum installiert wurde. Der Beitrag präsentiert die Resultate des Pilotprojekts, zeigt die nachfolgenden Entwicklungsschritte auf und gibt einen Überblick über den aktuellen Status Quo.
Das Ergebnis: Heute befinden sich bereits 3 Bekleidungsräume am Uniklinikum in Graz, darunter auch der größte RFID-Bekleidungsraum überhaupt in der Steiermärkischen Krankenanstalt als größtem Gesundheitsversorger des Bundeslandes Steiermark. Der Ausblick auf die zukünftigen Ausbaustufen ist ebenfalls interessant. Bis 2026 sollen 5.500 Mitarbeitende mit RFID-getaggter Wäsche in insgesamt mindestens 6 Bekleidungsräumen versorgt werden.
Diese Success Story basiert auf einem Interview mit Michael Kazianschütz, Leiter des Bereichs Wirtschaft/Logistik am Universitätsklinikum Graz und Gabriele Maierhofer, Dipl. Krankenhausbetriebswirtin, Betriebsdirektorin des KAGes-Textilservice. Das gesamte RFID-System wurde von der Firma Deister Electronic konzipiert und von Ralf Vogelsang, Key Account Manager Deister Electronic, begleitet.
Wäschelösung mit RFID-Technologie am Uniklinikum Graz in Österreich
4 Jahre Planungsphase
Die ersten Schritte in Richtung RFID-Technologie starteten bereits im Jahr 2016. Zusammen mit den Kollegen der KAGes-Textilservice suchte ich nach innovativen Lösungen, um die Bekleidungsprozesse zu optimieren. Das Ziel war, die Logistikprozesse zu rationalisieren und dadurch sowohl Zeit als auch Kosten zu sparen. Ein wesentlicher Meilenstein war unser Besuch am UniversitätsSpital Zürich (USZ). Die dortigen RFID-Überlegungen gaben den entscheidenden Impuls für die Umsetzung einer RFID-basierten Wäschelösung auch in unserem Krankenhaus. In enger Zusammenarbeit mit dem KAGes-Textilservice habe ich daraufhin das Thema Dienstkleidung grundlegend neu konzipiert. Wir diskutierten Themen wie die Entpersonalisierung der Kleidung, die Qualität der Kleidung als auch die Farbgestaltung und deren Auswirkungen auf den Waschprozess. Unser Ziel war eine umfassende Neuausrichtung des gesamten Wäschesystems.
Michael Kazianschütz - Head of Staff Unit Supply Chain Management, LKH-University Hospital Graz
Start: Digitale Simulation
Im Jahr 2018 wurde mit Unterstützung eines externen Dienstleisters eine erste umfassende Simulation am Computer durchgeführt. Diese PC-Simulation diente dazu, neben den möglichen infrastrukturellen Gegebenheiten auch die Arbeitszeiten und Abläufe des geplanten Pilotprojekts am Kinderzentrum des Uniklinikums Graz zu visualisieren und zu optimieren. Durch die Simulation konnten potenzielle Herausforderungen frühzeitig identifiziert und entsprechende Anpassungen vorgenommen werden.
Nach der erfolgreichen Durchführung der PC-Simulation stand eine Real-World-Simulation (shop-floor) auf der Agenda. In dieser Phase wurde der geplante Bekleidungsraum nahezu vollständig mit Holz- bzw. Pappwänden nachgebaut, um den Bekleidungsraum so realistisch wie möglich zu simulieren und zwar unter Einbindung aller betroffenen Berufsgruppen – ganz im Sinne des Lean-Management-Ansatzes des Krankenhauses.
Die gesamte Simulation wurde von einem Kamerateam begleitet und umfassend dokumentiert. Zur genauen Beobachtung kamen Checklisten und Beobachtungsposten zum Einsatz. Jeder, der den Raum betrat, erhielt einen Laufzettel, der ihn dem entsprechenden Simulationsbereich zuwies. Die Simulation war ein voller Erfolg und lieferte wertvolle Erkenntnisse, die dann im Pilotprojekt berücksichtigt werden konnten.
Pilotprojekt in 2020 mit 1000 Mitarbeitenden im Kinderzentrum
Im August 2020 startete der erste Bekleidungsraum im Kinderzentrum. Ziel des Projekts war es, die Ausgabe von mit RFID-Chips versehenen, entpersonalisierten Dienstkleidungen in einem speziell dafür ausgestatteten Raum mit RFID-Gates zu testen.
Für diesen Zweck wurde im Kinderzentrum eine rechteckiger, etwa 80 Quadratmeter großer RFID-basierter Bekleidungsraum eingerichtet. Rund 1.000 Mitarbeitende nahmen an diesem Pilotprojekt teil und konnten sich dort rund um die Uhr mit der benötigten Arbeitsbekleidung versorgen. Bereits während des Pilotprojekts wurde die Arbeitskleidung in mehreren Farben angeboten, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Fazit des Piloten und Weichenstellungen
Das Pilotprojekt erwies sich als großer Erfolg und lieferte wertvolle Erkenntnisse für die weitere erfolgreiche Implementierung der Technologie am Uniklinikum. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Simulation und des Pilotprojektes war die Installation eines zweiten Ausgangskarussels.
Obwohl das ursprüngliche Ziel darin bestand, vorerst nur das RFID-Projekt im Kinderzentrum mit bunter Dienstbekleidung auszustatten, wurde aufgrund des Erfolges und der positiven Nachfrage beschlossen auch alle weiteren Bekleidungsräume des gesamten Klinikums mit bunter Berufsbekleidung auszustatten. Des Weiteren wurde nach dem erfolgreichen Pilotprojekt ab 2021 die Installation des RFID-Systems in weiteren Bekleidungsräumen vorgenommen.
Das Pilotprojekt hat bestätigt, dass der Bekleidungsraum eine zentrale Rolle im Rahmen des entpersonalisierten Dienstbekleidungskonzepts einnimmt. Die Entscheidung für die Implementierung der RFID-gestützten Wäschelösung und die Entpersonalisierung der Arbeitskleidung wurde nach Abschluss des Pilotprojekts getroffen.
Auf Basis realer Daten bewerteten Studierende das RFID-gestützte Bekleidungsprojekt zusätzlich zu den positiven Erfahrungen aus dem Pilotprojekt. Die Ergebnisse zeigten, dass die RFID-Installation einen wirtschaftlichen Mehrwert erbrachte, die Handlingprozesse erleichterte und die Mitarbeiterzufriedenheit durch die entpersonalisierte Arbeitskleidung signifikant anstieg.
Positive Bewertung
Insgesamt war das Feedback aller am Pilotprojekt Beteiligten sensationell positiv. Das war die Basis für die Umsetzung des nächsten Meilensteins – der erste Bekleidungsraum in der KAGes und in der Steiermark und die zweite ihrer Art in Österreich. Bei dieser Innovation waren wir wirklich ganz vorne mit dabei. Die Lösung wurde gut angenommen und die finale Entscheidung fiel auf die RFID-Raumlösung. Der gesamte Waschprozess, das Finishing und das Sortiersystem sind vereinfacht worden. Die Entpersonalisierung der Berufskleidung hat uns das tägliche Handling sehr erleichtert. Jeder Prozessschritt wurde überarbeitet. Da die Kleidungsstücke nicht mehr personalisiert werden müssen, verringert sich der Zeit- und Arbeitsaufwand für die Bearbeitung jedes einzelnen Kleidungsstücks. Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden hat sich erhöht. Kleidungsstücke, die für etwa 50 Wäschen ausgelegt waren, werden mindestens siebzig Mal gewaschen.
Gabriele Maierhofer - Operations Manager, KAGes-Textilservice
Uniklinikum Graz und KAGes-Textilservice

Klinik und Textilservice ziehen an einem Strang
Das Universitätsklinikum Graz ist im Eigentum des Landes Steiermark, welches der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft angehört. Das Universitätsklinikum Graz ist das Zentralkrankenhaus für die Steiermark.
Das KAGes-Textilservice ist ein interner Dienstleister der Stmk. Krankenanstaltenges.m.b.H. und wurde 1997 neu errichtet. Das KAGes-Textilservice versorgt zusätzlich zum Uniklinikum Graz noch weitere 8 Standorte mit Patientenwäsche (Ausnahme Sterilwäsche) und Dienstbekleidung. In einem Zweischichtbetrieb - von Montag bis Freitag - werden täglich rund 20 Tonnen Wäsche gewaschen.
Das Universitätsklinikum Graz ist mit einem Anteil von 60 Prozent an der Wäschedistribution derzeit der größte Kunde.
Status Quo vor der RFID-Implementierung
Ausgangssituation
Das Hauptziel des Universitätsklinikums Graz war es, das Thema Krankenhausberufskleidung im Rahmen des 2014 erstellten Gesamtlogistikkonzepts neu zu bewerten. Dabei ging es nicht nur um die Neubewertung der gesamten Lieferkette, sondern auch um die Wäschereiprozesse.
Die Dienstbekleidung wurde bis dato überwiegend personalisiert ausgegeben und von den Mitarbeitenden in Spinden gelagert. Dies hatte zur Folge, dass viele Wäschestücke sehr selten benutzt wurden und ein regelmäßiger Wäschekreislauf nicht gegeben war. Ziel war es das Wäschemanagement zu optimieren und bei gleichbleibender Qualität Zeit und Betriebskosten zu sparen.
Ein häufiges Problem waren beispielsweise getragene Arbeitskleidung, die in Umkleideschränken vergessen wurde. Diese Kleidung stellte gebundenes Kapital dar, das nicht genutzt wurde. Dank des RFID-Tags können die fehlende Kleidungsstücke nachverfolgt und wieder zugeordnet werden.
Kleiner historischer Exkurs zum Herzstück der Logistik
Im Zuge des Baus des Klinikums im weitläufigen Parkareal wurden ab 1910 Kellergänge und erst zirka 80 Jahre später dann der Logistiktunnel angelegt, der heute eine zentrale Rolle in der Logistik des LKH-Universitätsklinikums Graz spielt. Mit einer Gesamtlänge 1,9 Kilometern ermöglicht dieses unterirdische Netzwerk eine effiziente Versorgung des Klinikums.
Der zweispurige Logistiktunnel verbindet die Kliniken mit dem 2015 in Betrieb genommenen Versorgungszentrum. Er wird sowohl für den Transport von Gütern als auch von Patienten genutzt. Der Tunnel überwindet dabei ein Gefälle von sechs bis acht Prozent und stellt das Herzstück der logistischen Infrastruktur des Klinikums dar. Die Transporte erfolgen ausschließlich mit Elektrofahrzeugen, wobei täglich rund 1.400 Fahrten durchgeführt werden. Jeder Fahrer legt dabei eine Strecke von etwa 50 Kilometern zurück, was insgesamt zu 450.000 Fahrten pro Jahr führt.
Im Logistiktunnel werden täglich auch rd. 20 Tonnen Wäsche transportiert. Diese unterirdische Logistikstruktur ermöglicht eine reibungslose und effiziente Versorgung des gesamten Klinikums.
Zwei Hürden mussten gemeistert werden
Die erste Herausforderung betraf die Akzeptanz aller Krankenhausabteilungen und Mitarbeitenden. Anfänglich gab es einen gewissen Widerstand gegen die Umstellung auf nicht-personalisierte Kleidung. Einige Mitarbeitende argumentierten gegen die Beseitigung von Titeln und Namen. Auf der anderen Seite erhöhte die höherwertige Berufskleidung die Akzeptanz und die Mitarbeiterzufriedenheit.
Die zweite Herausforderung bestand darin, strategische Standorte und Plätze für die Bekleidungsräume zu finden. Der erste Bekleidungsraum im Kinderzentrum war ursprünglich ein Schwimmbad, das aufgrund mangelnder Nutzung geschlossen worden war. Dieser Pilot-Raum war ideal, da er direkt neben den Umkleideräumen lag.
RFID-Installation
Wie funktioniert die RFID-Lösung?
Nach dem Abwerfen der benutzten Dienstkleidung im Rückgabeschacht wird der Bekleidungsraum betreten. Dank der gepatchten RFID-Tags erfasst das System automatisch die Anzahl der abgegebenen Kleidungsstücke und unterscheidet dabei zwischen Hosen und Oberteilen. Die zurückgegebene Kleidung wird dem persönlichen Kontingent des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin gutgeschrieben. Das Kontingent wird automatisch in real-time aktualisiert.
Das Karussell wird mit dem Mitarbeiterausweis, der zum Betreten des Raumes berechtigt, freigeschaltet. Im Bekleidungsraum können Mitarbeitende, dem verfügbaren Kontingent entsprechend, Hosen und Oberteile entnehmen. Pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter sind in der Regel maximal drei Oberteile und drei Hosen vorgesehen. Nachdem die benötigten Kleidungsstücke ausgewählt wurden, verlässt der Mitarbeitende den Raum durch eine Ausgangsschleuse.
Die Schleuse ist mit RFID-Technologie ausgestattet, sodass die Kleidungsstücke automatisiert und in Echtzeit erfasst werden. Die Entnahme wird automatisch vom verfügbaren Kontingent der Mitarbeiterin abgezogen.
Der Bekleidungsraum ist als einfache und zugleich effiziente Lösung gestaltet. Er ist mit praktischen Regalen ausgestattet, auf denen die gefaltete, saubere Dienstkleidung bereitliegt.
Die frische Kleidung wird vom Textilservice geliefert und von Mitarbeitenden des Uniklinikums in den Bekleidungsraum transportiert. Jedes einzelne Kleidungsstück ist bereits bei Anlieferung mit einem RFID-Tag versehen, die gesamte Lieferung wird beim Einbringen in den Raum mittels RFID-Leser eingelesen und dem Raum zugebucht. Die Bestände werden in real-time aktualisiert.





Erfolgsbilanz und Umsetzungsergebnisse
Das neue Wäschemanagementsystem bietet dem KAGes-Textilservice und dem Universitätsklinikum Graz volle Transparenz über die im Umlauf befindliche Arbeitskleidung. Die Klinik überwacht auf Abteilungsebene, wie viele Kleidungsstücke jeder Mitarbeitende entnommen hat, wobei maximal drei Ober- und drei Unterbekleidungsstücke erlaubt sind. Bei Überschreitung dieses Kontingents wird der Zutritt zum Bekleidungsraum mitunter gesperrt.
Ein wesentlicher Fortschritt ist die Einführung farbiger Kleidung. Während Ärzte und Pflegepersonal traditionell weiße Uniformen und der Sanitätsdienst gestreifte Uniformen trugen, differenziert die neue bunte Dienstbekleidung nicht mehr nach Berufsgruppen.
Ein weiterer Erfolg des Projekts ist auf die Anwendung der Lean-Philosophie zurückzuführen. Die Umsetzung des Projekts erforderte eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen, einschließlich der IT, der Personalvertretung, dem KAGes-Textilservice und der Krankenhausleitung. Dabei waren auch das Direktorium und das Rektorat maßgeblich beteiligt.
Dank der Kreislaufwirtschaft konnten erhebliche Einsparungen bei den Anschaffungskosten erzielt werden. Diese Einsparungen werden die anfänglichen Investitionen schnell amortisieren. Die freigewordenen Mittel sollen in die Beschaffung qualitativ hochwertiger Dienstbekleidung reinvestiert werden.
Ein zusätzlicher Vorteil der digitalen Erfassung von Logistikprozessen liegt in der transparenten Darstellung aller logistischen Kernprozesse. Mitarbeitende können über den Terminal die bereits erfassten Vorgänge einsehen. Diese Transparenz hat zu einer hohen Akzeptanz des Projekts innerhalb der Mitarbeiterschaft geführt.
Das Datenmanagement wird insgesamt positiv bewertet und ständig verbessert. Dank der eingebetteten RFID-Chips kann jeder Artikel der Arbeitskleidung präzise verfolgt und lokalisiert werden, was den Schwund auf ein sehr geringes Maß reduziert.
Optimierungen bis 2026

Agenda für die Zukunft
Der nächste Schritt bei der Einführung des Bekleidungsraumes ist die Implementierung des neuen RFID-Systems in drei weiteren Bereichen: der Univ. Klinik für Innere Medizin, die 1.400 Mitarbeitende versorgt, der Chirurgie (800 Mitarbeitende) und Radiologie, die derzeit neu gebaut wird. Der Bekleidungsraum der Radiologie wird rund 500 Mitarbeitende versorgen und 2026 in Betrieb gehen.
Nach vorläufigem Abschluss des Projektes werden insgesamt ca. 5.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über farbige, entpersonalisierte und mit RFID-Tags ausgestattete Dienstbekleidung verfügen.
Auch Fragen der Evaluierung werden im Rahmen des Datenmanagements und Monitorings weiter verfeinert. Das Universitätsklinikum Graz ist bestrebt, diese Prozesse zu optimieren. Ein weiterer Ausbauschritt des Projektes könnten die Integration von künstlicher Intelligenz beim Reporting in das Flap Gate oder die Karussells gemeinsam mit der Firma Deister Electronic sein.